Eduard David

Eduard David, geb. 11. Juni 1863 in Ediger/Mosel, gest. 24. Dezember 1930 in Berlin

Burschenschaft Arminia Gießen im ADB

Erster Präsident der Weimarer Nationalversammlung, Reichsminister

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Eduard DavidEr sei „ein sogenannter Rekrut und ein Akademiker dazu“ [1] - so begann Eduard David seine Rede auf dem SPD-Parteitag 1894, nachdem ein Delegierter gefordert hatte, Akademiker hätten in der SPD „nicht als Offiziere, sondern als Rekruten zu beginnen“. Aus dem Rekruten David wurde später „unser bester Mann im Felde“.[2]

Schulzeit und Studium

Nach den ersten Schuljahren in Krofdorf bei Gießen besuchte Eduard David das Gymnasium in Gießen, brach den Schulbesuch jedoch ab, um eine kaufmännische Lehre zu absolvieren. Im Anschluss daran holte er sein Abitur nach und studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Gießen. Im Sommersemester 1886 wurde er Mitglied der Reformburschenschaft Arminia[3], die dem Allgemeinen Deutschen Burschenbund (ADB) angehörte. Als vorsitzende Burschenschaft verhinderte die Arminia auf dem ADB-Tag 1890 das Eindringen antisemitischer Positionen in die Bundessatzung des ADB. Eduard David gehörte zu den „radical-reformerischen Elementen“ der Arminia und war deren „geschickter und zielbewusster Führer“.[4] Die Satzung der Arminia wie auch die Bundessatzung des ADB entstanden unter seiner maßgeblichen Beteiligung. Während seiner Studienzeit verfasste er eine preisgekrönte Schrift, die das damalige deutsche Korporationswesen kritisch würdigte und zu verstärkter Zusammenarbeit der studentischen Verbände aufrief.[5] Nach dem Staatsexamen wurde er 1891 als Oberlehrer am Gymnasium in Gießen eingestellt und im folgenden Jahr mit einer Arbeit über die Mundart seines Heimatortes promoviert.[6]

Parteiarbeit bis zum Ersten Weltkrieg

1890 trat David der SPD bei, nachdem er schon zuvor während des Sozialistengesetzes unter Pseudonym für SPD-Zeitungen geschrieben hatte. 1893 gründete er die „Mitteldeutsche Sonntagszeitung“, deren Aufgabe darin bestehen sollte, „die kleinstädtisch-ländliche Arbeiter-, Handwerker- und Kleinbauernbevölkerung unserer Gegend in Masse aufzubrechen.“[7] Im folgenden Jahr schied er aus dem Schuldienst aus, um sich ganz der Parteiarbeit zu widmen. 1896 wurde David Redakteur der „Mainzer Volkszeitung“. Im selben Jahr wurde er in die Zweite Hessische Ständekammer gewählt, der er bis 1908 angehörte. 1897 wurde er SPD-Parteisekretär für das Großherzogtum Hessen. Nachdem er 1903 das Reichstagsmandat in Mainz gewonnen hatte, verlegte er den Schwerpunkt seiner politischen Tätigkeit nach Berlin, wo er bald zum Fachmann für Landwirtschafts- und für Steuerpolitik sowie seit 1910 auch für Außenpolitik wurde. 1912 berief ihn die Reichstagsfraktion als Schriftführer in den Fraktionsvorstand.

Neben seiner politischen Tätigkeit fand David auch Zeit für literarische Arbeit. Aus dem Jahr 1896 stammt seine Abhandlung über Georg Büchners „Hessischen Landboten“.[8] Darin nannte er Büchners Schrift „einen weithin sichtbaren Lichtpunkt“ im „Dunkel der 30er Jahre“.[9] Trotz des Aufrufs „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ sei der Landbote keine sozialistische Schrift, und Büchner sei wenn auch noch kein Sozialist[10], so doch ein „Vorkämpfer in unserer Bewegung (…) Ehren wir in ihm einen Vorläufer derselben!“[11]

Evolutionäre Praxis statt revolutionärer Phrasen

Eduard David war ein Feind revolutionären Wortgeklingels. „In schroffstem Gegensatz zu Kautsky bin ich der Meinung“, schrieb er in einem Aufsatz, „dass die Eroberung der Regierungsgewalt in parlamentarisch regierten Staaten nur stückweise geschehen kann und geschehen wird.“ [12] Nur auf evolutionärem Wege könne die SPD zur führenden Kraft werden. Veränderte Umstände mussten nach seiner Überzeugung auch zur Korrektur der politischen Linie und zur Neuformulierung der Parteitaktik führen. Parteitagsbeschlüsse waren für ihn nicht sakrosankt, denn Parteitage „ können nicht, wie manche meinen, die Zukunft voraussehen und darum auch keine bindenden Directiven geben für die Weiterentwicklung der Partei.“ Wenn nötig, seien überholte Beschlüsse deshalb „umzustoßen und durch neue zu ersetzen. Aus bloßer Ehrfurcht vor der Autorität des Parteiparlaments an einmal gefassten Beschlüssen festzuhalten, dem Wechsel der Dinge zum Trotz, das wäre das Thörichteste, was die Partei thun könnte.“ Die Partei solle daher „vorsichtiger sein in der Form der Beschlüsse“ und diesen „nicht die Fassung absolut und ewig geltender Normen geben.“

Als Beispiele dafür nannte er an anderer Stelle die widersprüchlichen Parteitagsbeschlüsse von 1893, 1897 und 1899 zur Frage der Beteiligung an den preußischen Landtagswahlen: Ein „Zickzackcurs“ sei das gewesen und „nichts Schönes“ [13], aber unvermeidbar.

Revisionismusstreit

Nachdem Ende Januar 1890 die Verlängerung des Sozialistengesetzes im Reichstag keine Mehrheit gefunden hatte, wurde die SPD bei den vier Wochen später stattfindenden Reichstagswahlen erstmals nach Wählerstimmen stärkste Partei. Unter dem Eindruck des Wahlerfolges rief Bebel auf dem Erfurter Parteitag 1891 zur Eroberung der politischen Macht auf. Wenn dieses Ziel erreicht sei, so fände „sich das Weitere von selbst“.[14] Bei aller Übereinstimmung in der Zielsetzung gab es jedoch heftige innerparteiliche Kontroversen über die realen politischen Schritte dorthin.

Die Parteiorthodoxie um Bebel und Kautsky hielt den Zusammenbruch des Kapitalismus für gesetzmäßig und wartete auf den großen „Kladderadatsch“ (Bebel). Bei Bebel fehlte jedoch ein „mittelfristiges Reformkonzept“ und ein „Plan für die strukturelle Transformation der Gesellschaft.“[15] Für Kautsky war die SPD „eine revolutionäre, nicht aber eine Revolutionen machende Partei.“[16] Da die Revolution „nicht willkürlich von uns gemacht“ werden könne, sei auch nicht vorauszusagen, „wann, unter welchen Bedingungen und in welchen Formen sie eintreten“ werde. Anstatt in „revolutionärem Attentismus“ [17]auf den Zusammenbruch des Kapitalismus zu warten, forderten Realisten wie der bayerische SPD-Vorsitzende Georg von Vollmar und Eduard David, „auf Grundlage der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung Verbesserungen wirtschaftlicher und politischer Art herbeizuführen“[18].

Die Debatte nahm an Schärfe zu, als Eduard Bernstein 1896/8 in einer Aufsatzreihe eine Revision wesentlicher Elemente der Parteilinie forderte.[19] Der Einfluss der SPD wäre, so Bernstein, größer, wenn sie „den Mut fände, sich von einer Phraseologie zu emanzipieren, die tatsächlich überlebt ist, und das scheinen zu wollen, was sie heute in Wirklichkeit ist: eine demokratisch-sozialistische Reformpartei.“[20] Bernstein hielt die Marxsche Theorie in Teilen (Hegelsche Dialektik, materialistische Geschichtsauffassung, Verelendungstheorie, Zusammenbruchstheorie) für widerlegt und verwarf deren kritiklose Übernahme durch die Parteiorthodoxie. Seine Aussagen stießen sowohl beim linken Parteiflügel um Luxemburg als auch bei der Parteiorthodoxie um Bebel und Kautsky auf heftigen Widerstand. Als Bebel auf dem Parteitag 1899 in Hannover Bernstein in dessen Abwesenheit scharf verurteilte, bezog Eduard David Position für Bernstein. Er gehöre zu denen, „die Bernstein in seinen wesentlichen Anschauungen zustimmten“, und werde zeigen, dass Bebel „in Verschiedenem … sehr weit in der Darstellung des Bernsteinschen Standpunktes vorbeigegriffen hat.“[21] 1903 protestierte er gegen den Versuch der Parteiorthodoxie, „die wissenschaftliche Kritik der Marxschen Theorie in den Augen der Parteigenossen zu discreditieren.“ [22] „Den Existenzgrund für die Socialdemokratie bilden nicht die Quadersteine der marxistischen Theorie, sondern die menschlichen und menschheitlichen Interessen der werktätigen Volksmasse“. Selbst wenn „das ganze theoretische Lehrgebäude von Karl Marx zusammenstürzte (…), so bliebe die Existenzberechtigung der Socialdemokratie unerschüttert.“

Die Auseinandersetzung zwischen Bernstein und der Parteiorthoxie ging als Revisionismusstreit[23] in die Geschichte der SPD und der internationalen Arbeiterbewegung ein und wurde „erst 1959 mit dem Godesberger Programm zu Gunsten des reformsozialistischen Ansatzes entschieden, als ‚Bernstein auf der ganzen Linie gesiegt hat‘. (Carlo Schmid).“[24]

Agrarpolitik

Auch in der Agrarpolitik widersprach Eduard David der Parteilinie. Die SPD hatte ihre Politik auf das Industrieproletariat ausgerichtet und andere Werktätige vernachlässigt. Die Frage nach der Gewinnung neuer Wählerschichten wurde angesichts der wachsenden Anhängerschaft unter den Arbeitern nicht gestellt und gewann erst in der Auseinandersetzung um die Agrarpolitik Bedeutung. In Übereinstimmung mit den Beschlüssen der II. Internationale zur Agrarpolitik vertraten führende Parteitheoretiker die These, in der Landwirtschaft werde sich ein Konzentrationsprozess wie in der Industrie vollziehen und bäuerliche Kleinbetriebe seien nicht lebensfähig. 1891 verabschiedete der Parteitag in Erfurt ein neues Programm, dessen Text mit der Prophezeiung des angeblich naturnotwendigen Untergangs der Kleinbetriebe, darunter auch der bäuerlichen Betriebe, begann.[25] In einem Kommentar zum Erfurter Programm begründete Kautsky dies mit der Überlegenheit des landwirtschaftlichen Großbetriebs gegenüber dem bäuerlichen Kleinbetrieb. Dieser Position traten Sozialdemokraten aus den vorwiegend agrarisch geprägten Teilen Deutschlands entgegen, darunter auch Eduard David, der die Verhältnisse im agrarisch geprägten Hessen aus eigener Erfahrung kannte und die Ergänzung des Programms durch ein Agrarprogramm forderte. In der Debatte auf dem Parteitag 1894 bezog David Position gegen Bebel und für Georg von Vollmar.[26] Der Parteitag setzte daraufhin eine Agrarkommission ein, der auch David angehörte. Der These von der Überlegenheit des agrarischen Großbetriebs trat David 1895 in einem Aufsatz über die Unterschiede zwischen Industrie und Landwirtschaft entgegen. [27] Kautskys 1899 erschienene Schrift zur Agrarpolitik der SPD[28] widerlegte David 1903 in seiner Untersuchung „Socialismus und Landwirtschaft“ [29], in deren Schlusswort er feststellte: „Die marxistische Lehre von der Konzentration der Betriebe trifft für die Landwirtschaft nicht zu. (...) Selten ist eine Theorie durch die Praxis so zum besten gehalten worden wie die marxistische Agrartheorie.“[30]

Burgfrieden und Erster Weltkrieg

Im Weltkrieg gehörte Eduard David zu den führenden Vertretern der Burgfriedenspolitik. Diese Politik entsprang nicht zuletzt dem „Wunsch dazuzugehören (…), dem Drang, der Pariasituation zu entrinnen, in der die Sozialdemokratie durch den Druck der herrschenden Klasse und durch die politische Philosophie, mit der sie jenem Druck zu begegnen suchte, gehalten wurde“; sie suchte „nach Status und Anerkennung innerhalb der bestehenden Ordnung“. [31] Nach Davids Auffassung bedeutete die Burgfriedenspolitik für die SPD „den entscheidenden Schritt auf dem Wege … zur ‚Volkspartei‘“.[32] Er war der Kopf in einem informellen Kreises reformorientierter Sozialdemokraten, die den Einfluss der marxistischen Linken in der SPD zurück drängten, was letztlich zur Gründung zunächst des Spartakusbundes und später der USPD führte. [33]

Der Widerspruch zwischen der Burgfriedenspolitik und seinen früheren Auffassungen war ihm durchaus bewusst. Der Krieg, so schrieb er 1915, habe die SPD in einen Konflikt getrieben, „wie er schwerer nicht gedacht werden konnte.“[34] Vor 1914 habe sie „in harter Opposition zur Regierung und den herrschenden Parteien gestanden“, der Krieg aber „hieß uns gemeinsame Sache machen mit denen, die uns und die wir noch gestern so heftig bekämpft, hieß uns, Tod und Verderben bereiten denen, die noch gestern an unserer Seite für das Ziel des Friedens gestritten hatten.“[35] Doch „schlechte Deutsche“ wären die Sozialdemokraten nach seiner Meinung gewesen, „hätten wir nicht trotz alledem entschlossen für die Sache unseres schwer bedrohten Vaterlandes Partei ergriffen.“ Das „Einrücken in die nationale Verteidigungsfront“ sei kein „Bruch mit sozialdemokratischen Grundsätzen“, sondern „eine Wahrmachung dessen, was die Bahnbrecher und berufensten Führer unserer Bewegung von jeher betont hatten.“ Auch Marx und Lassalle, die führenden Theoretiker der Sozialdemokratie, hätten Landesverteidigung für berechtigt gehalten. Die Internationale sei keine „Antinationale“, und deshalb sei das „Recht auf nationale Selbstbehauptung … ein Eckstein ihres Ideenbaues.“[36]

In der Einschätzung der politischen Lage unterlag er jedoch wie die Mehrheit der SPD-Reichstagsfraktion einem fatalen Irrtum: Nicht Deutschland habe den „Konflikt …provoziert“; vielmehr sei die „imperialistische Angriffspolitik … von der anderen Seite“ gekommen.[37] Noch 1917 sprach er von der „gegen Deutschland gerichteten ... Politik der Einkreisung“ und nannte die Entente ein „Weltverteilungssyndikat“[38]. Erst nach dem Studium von Dokumenten revidierte er seine Meinung. Im November 1918 hatte der Rat der Volksbeauftragten ihn und Kautsky mit der Herausgabe eines Weißbuchs zur Vorgeschichte des Weltkriegs beauftragt, und die Reichsregierung hatte im Februar 1919 diesen Auftrag erneuert. Nach Studium der Akten des Auswärtigen Amtes sah David die „moralische Schuld auf deutscher Seite.“ Nach seinen früheren Aussagen sei das für ihn „sehr bitter. Ich bin aber nach der Lektüre der Dokumente zu dieser Korrektur gezwungen.“[39]

Kriegsende, Novemberrevolution und Weimarer Republik

Den Eintritt der SPD in die Regierung des Prinzen Max von Baden Anfang Oktober 1918 begrüßte Eduard David ausdrücklich. Im Tagebuch notierte er: „Das neue Deutschland wurde geboren“ und „Mein Hauptziel: die Losung der Partei sei bewusste Reformpolitik auf dem Boden des gegebenen Staates, scheint erreicht.“[40] David wurde in der neuen Regierung Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt. In dieser Funktion wurde er nach der Novemberrevolution durch den Rat der Volksbeauftragten bestätigt.  

Im Februar 1919 wählte ihn die Weimarer Nationalversammlung zu ihrem ersten Präsidenten. Er hatte jedoch nur wenige Tage Gelegenheit, dieses Amt, das er „als die Krönung seiner politischen Arbeit“ [41] empfand, auszuüben. Nach Eberts Wahl zum Reichspräsidenten und Scheidemanns Wahl zum Reichskanzler beanspruchte das Zentrum, zusammen mit der DDP Koalitionspartner in der Weimarer Koalition, dieses Amt für sich, damit nicht die drei wichtigsten Ämter - Reichspräsident, Reichskanzler und Parlamentspräsident – von der SPD besetzt waren.[42] David wurde daraufhin im Kabinett Scheidemann Minister ohne Geschäftsbereich. Im Juni 1919 befürwortete er zusammen mit der Mehrheit der SPD-Fraktion die Unterzeichnung des Versailler Vertrages. Als Scheidemann wegen der Zustimmung der SPD-Fraktion zurücktrat, wurde David Reichsinnenminister im Kabinett Bauer. In dieser Funktion plädierte er in der konstituierenden Reichstagssitzung am 2. Juli 1919 mit ausdrücklicher Berufung auf die Urburschenschaft und die Revolution von 1848 für die neuen Reichsfarben schwarz-rot-gold, „da wir für das neue Deutschland ein Symbol haben müssen, zu dem sich alle, wenigstens die große Mehrheit, mit innerer Freude bekennen.“[43] Nach einer Kabinettsumbildung im Oktober 1919 wurde er erneut Reichsminister ohne Geschäftsbereich und verblieb in diesem Amt bis zur Demission des Kabinetts Müller im Juni 1920. Neben seiner Tätigkeit als Reichstagsabgeordneter war er von 1921 bis 1927 Politischer Gesandter des Reichs in Hessen.[44] Von 1923 bis 1927 hatte er außerdem einen Lehrauftrag für Politische Wissenschaften an der TH Darmstadt. In der 1926 erschienenen, preisgekrönten Schrift „Die Befriedung Europas“ bezeichnete er ein vereinigtes Europa als politisches Ziel.[45] Sein Reichstagsmandat behielt er bis zum Tod.

Würdigungen

Eduard David starb kurz vor Weihnachten 1930. In Mainz, seinem Wahlkreis, den er seit 1903 im Reichstag vertreten hatte, wurde er nach Aussage eines früheren Oberbürgermeisters „wie ein König zu Grabe getragen“.[46] In den „Sozialistischen Monatsheften“ erschienen zahlreiche Nachrufe, die seine Bedeutung für die deutsche Sozialdemokratie auf verschiedenen Politikfeldern würdigten. Eduard Bernstein war beeindruckt von seinem „Sinn für alles Tatsächliche“, der ihn „vor Fehlgriffen bewahrt (hat), die anderen, die sich für besonders erfolgreiche Politiker halten, nur zu leicht passieren“[47]; Davids Tod sei „für die sozialistische Bewegung ein sehr schwer zu tragender Verlust“. Karl Hildenbrand, bis 1933 Mitglied des SPD-Parteivorstandes,  schrieb, Eduard David habe „seiner Partei, seinem Land, seinem Volk und der ganzen Menschheit in allen Zeiten seines Lebens mit seiner ganzen Kraft und seinem ganzen Herzen gedient und hat sich damit ein dauerndes Gedenken gesichert“.[48] Gerhard A. Ritter nannte ihn einen „parlamentarischen Lehrmeister der aufstrebenden Politikergeneration der Sozialdemokratie“ und „eine Persönlichkeit von zentraler Bedeutung für die Geschichte der politischen Arbeiterbewegung Deutschlands.“[49] Klaus Daubertshäuser, MdB, 1943 in Krofdorf geboren, wo David zur Schule gegangen war, nannte ihn anlässlich des 50. Todestages im „Sozialdemokratischen Pressedienst“ einen „Vorkämpfer für die Volkspartei SPD.“[50]

 

verfasst von Manfred Blänkner, Hamburger und Göttinger Wingolf

 

 

Literatur:

Texte von Eduard David:

Die Befriedung Europas, Berlin 1926

Die Berichte Eduard Davids als Reichsvertreter in Hessen 1921 – 1927, bearb. von Friedrich P. Kahlenberg (= Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz, Bd.6), Wiesbaden 1970

Der hessische Landbote von Georg Büchner sowie des Verfassers Leben und politisches Wirken (= Sammlung gesellschaftswissenschaftlicher Aufsätze, H. 10), München 1896

Der internationale Kongress und die „Einigung“ der französischen Sozialisten in: Socialistische Monatshefte 11/1900, S. 703 - 709

Das Kriegstagebuch des Reichstagsabgeordneten Eduard David 1914 bis 1918. In Verb. mit Erich Matthias bearb. von Susanne Miller (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Erste Reihe, Bd. 4), Düsseldorf 1966

Ökonomische Verschiedenheiten zwischen Landwirthschaft und Industrie, in: Die Neue Zeit 13/2 (1894/95), S. 449 – 455

Parteitag und internationaler Congress, in: Socialistische Monatshefte 9/1900, S. 513 - 519

Die Sozialdemokratie im Weltkrieg, Berlin 1915

Socialismus und Landwirtschaft, Bd. 1: Die Betriebsfrage, Berlin 1903

Wer trägt die Schuld am Kriege? Rede, gehalten vor dem holländisch-skandinavischen Friedenskomitee in Stockholm am 6. Juni 1917. Hrsg. vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin 1917

Die Wortbildung der Mundart von Krofdorf, Diss. phil. Gießen 1892

Zur vorläufigen Abwehr, in: Socialistische Monatshefte 5/1903, S. 326 - 331

Zweck und Mittel einer einheitlichen Organisation der deutschen Studentenschaft (= Eckstein’sche Flugschriften-Sammlung, Nr. 11), Berlin o. J. [1888]

 

Quellen und Literatur:

Adelung, Bernhard, Sein und Werden. Vom Buchdrucker in Bremen zum Staatspräsidenten in Hessen, Offenbach 1952

Akten der Reichskanzlei, Weimarer Republik. Das Kabinett Scheidemann, Boppard am Rhein 1971

Barthels, Karl Ludwig, Geschichte der Burschenschaft Arminia zu Gießen von ihrer Gründung im November 1885 bis zum 10jährigen Stiftungsfest im Juli 1895 (= Geschichte des ADB in Einzeldarstellungen, Bd. 1), Gießen 1899     

Bernstein, Eduard, Eduard David zum Gedächtnis, in: Sozialistische Monatshefte 1/1931, S. 30 - 31

Bernstein, Eduard, Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie, Berlin 1899. Neuausgabe hrsg. von G. Hillmann, Reinbeck 1969

Bundesarchiv (Hrsg.), Deutsches Reich: Weimarer Republik )1918 – 1933), Reichstagsprotokolle, online unter http://www.bundesarchiv.de/benutzung/zeitbezug/weimarer_republik/index.h...

Daubertshäuser, Klaus, Ein Vorkämpfer für die Volkspartei SPD. Zum 50. Todestag von Dr. Eduard David am 24. Dezember, in: Sozialdemokratischer Pressedienst 35 (1980), Nr. 247 (29. 12. 1980), S. 7 – 8

Groh, Dieter, Negative Integration und revolutionärer Attentismus. Die deutsche Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Frankfurt/M. u.a. 1974                                                                                                                           

Hildenbrand, Karl, „Eduard David“, in: Sozialistische Monatshefte 1/1931, S. 28 - 30

Kautsky, Karl, Die Agrarfrage. Eine Übersicht über die Tendenzen der modernen Landwirthschaft und die Agrarpolitik der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899

Kautsky, Karl, Ein sozialdemokratischer Katechismus, in: Die Neue Zeit 21/1 (1893/94, S. 361 – 369, 402 - 410

Lehnert, Detlef, Reform und Revolution in den Strategiediskussionen der klassischen Sozialdemokratie. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von den Ursprüngen bis zum Ausbruch des 1.WeltkriegsBonn-Bad Goderberg 1977

Miller, Susanne, Die Bürde der Macht. Die deutsche Sozialdemokratie 1918 – 1920 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 63), Düsseldorf 1978

Mooser, Josef, Revolution oder Reform? Revisionismusstreit und Massenstreikdebatte 1890 bis 1914, in: Kruke, Anja / Woyke, Meik (Hrsg.), Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung. 1848 – 1863 – 2013, Bonn 2012, S. 78 – 87

Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Erfurt, Berlin 1891

Protokoll über die Verhandlungen des Parteitags der SPD in Frankfurt 1894, Berlin 1894

Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Hannover 1899, Berlin 1899

Rintelen, Karlludwig, Der David-Kreis und die Linke Minderheit. Anmerkungen zum Problem des „Handlungsspielraums“ der mehrheitssozialdemokratischen Führung bis 1918/1919, in: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung. 26 (1990), S. 14-34

Ritter, Gerhard A., „David, Eduard Heinrich Rudolph“, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 3, Berlin 1957, S. 535

Scheidemann, Philipp, Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 2, Dresden 1928

Schorske, Carl E., Die große Spaltung. Die deutsche Sozialdemokratie 1905 – 1917, Berlin 1981

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Vollmar, Georg von, Über die nächsten Aufgaben der deutschen Sozialdemokratie, München 1891

Walter, Franz, Die SPD. Biographie einer Partei, Reinbek bei Hamburg 2009

Weber, M., Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, hrsg. von J. Winckelmann, 5.Aufl., Tübingen 1976

Winkler, Heinrich August, Spielräume der Sozialdemokratie. Zur Rolle der SPD in Staat und Gesellschaft der Weimarer Republik, in: Rittberger, Volker (Hg.), 1933. Wie die Republik der Diktatur erlag, Stuttgart u.a. 1983, S. 61 - 75

Winkler, Heinrich August, Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924, 2. Aufl. Berlin/Bonn 1985




[1] Protokoll über die Verhandlungen des Parteitags der SPD in Frankfurt 1894, Berlin 1894, S. 80.

[2] Adelung, B., Sein und Werden. Vom Buchdrucker in Bremen zum Staatspräsidenten in Hessen, Offenbach 1952, S. 106.

[3] Zur Arminia s. Barthels, K, L., Geschichte der Burschenschaft Arminia zu Gießen von ihrer Gründung im November 1885 bis zum 10jährigen Stiftungsfest im Juli 1895, Gießen 1899.

[4] AaO., S. 24.

[5] David, E., Zweck und Mittel einer einheitlichen Organisation der deutschen Studentenschaft, Berlin o. J. [1888].

[6] David, E., Die Wortbildung der Mundart von Krofdorf, Diss. phil. Gießen 1982.

[7] Brief an Georg von Vollmar vom 4. Januar 1894, zit. nach: Das Kriegstagebuch des Reichstagsabgeordneten Eduard David 1914 bis 1918, Düsseldorf 1966, S. XIV, FN 3.

[8] David, E., Der hessische Landbote von Georg Büchner sowie des Verfassers Leben und politisches Wirken, München 1896.

[9] AaO., S. 3.

[10] AaO., S. 53 bzw. S. 66.

[11] AaO., S. 74.

[12] David, E., Der internationale Kongress und die „Einigung“ der französischen Sozialisten, in: Socialistische Monatshefte 11/1900, S.708.

[13] David, E., Parteitag und internationaler Kongress, in: Socialistische Monatshefte 9/1900, S. 514.

[14] Rede Bebel, in: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Erfurt, Berlin 1891, S. 158f. , Zitat S. 159.

[15] Walter, F., Die SPD. Biographie einer Partei, Reinbek bei Hamburg 2009, S. 30.

[16] Kautsky, K., Ein sozialdemokratischer Katechismus, in: Die Neue Zeit 12/1893/94), S. 368.

[17] Groh, D., Negative Integration und revolutionärer Attentismus, Frankfurt/M u.a. 1973.

[18] Vollmar, G. v., Über die nächsten Aufgaben der deutschen Sozialdemokratie, in: ders., Reden und Schriften zur Reformpolitik, hg. von W. Albrecht, Berlin u.a. 1977, S. 137.

[19] Als Buch erschienen unter dem Titel: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie, Berlin 1899. Neuausgabe hrsg. von G. Hillmann Reinbek bei Hamburg 1969.

[20] AaO S. 196.

[21] Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Hannover 1899, Berlin 1899, S. 127.

[22] David, E., Zur vorläufigen Abwehr, in: Socialistische Monatshefte 5/1903, S. 327.

[23] Zum Revisionismusstreit siehe u.a. Mooser, J., Revolution oder Reform? Revisionismusstreit und Massenstreikdebatte 1890 bis 1914, in: Kruke, A., Woyke, M. (Hrsg.), Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung. 1848 – 1863 – 2013, Bonn 2012, S. 78 – 87, mit weiteren Literaturangaben.

[24] Die SPD wird Volkspartei – das Godesberger Programm, in: Vorwärts, 12. Dezember 2005, http://www.vorwaerts.de/artikel/spd-volkspartei-godesberger-programm.

[25] Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Erfurt 1891 (Anm. 14), S. 3.

[26] Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD in Frankfurt 1894 (Anm. 1), S. 153.

[27] David, E., Ökonomische Verschiedenheiten zwischen Landwirthschaft und Industrie, in: Die Neue Zeit 41/1895, S. 449 – 455.

[28] Kautsky, K., Die Agrarfrage. Eine Übersicht über die Tendenzen der modernen Landwirthschaft und die Agrarpolitik der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899.

[29] David, E., Socialismus und Landwirtschaft, Berlin 1903. 1922 erschien eine überarbeitete Neufassung.

[30] AaO, S. 687 + S. 689.

[31] Schorske, C. E., Die große Spaltung. Die deutsche Sozialdemokratie 1905 – 1917, Berlin 1981, S. 364f.

[32] Conze, W./Matthias, E., Vorwort zu Kriegstagebuch, S. VII.

[33] Zu Davids innerparteilicher Rolle während des Weltkrieges siehe aus marxistischer Sicht: Rintelen, K., Der David-Kreis und die linke Minderheit, in: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 26 (1990), S. 14 - 34.

[34] David, E., Die Sozialdemokratie im Weltkrieg, Berlin 1915, S. 5.

[35] AaO, S. 6

[36] AaO, S. 7.

[37] AaO, S. 68f.

[38] David, E., Wer trägt die Schuld am Kriege? Rede, gehalten vor dem holländisch-skandinavischen Friedenskomitee in Stockholm am 6. Juni 1917, Berlin 1917, S. 4f.

[39] Davids Aussage in der Kabinettssitzung am 23. März 1919, in:. Akten der Reichskanzlei, Weimarer Republik. Das Kabinett Scheidemann, Boppard 1971, Dok. 20, S. 88.

[40] Kriegstagebuch, S. 286 + 288.

 [41] Hildenbrand, K., Eduard David, in: Sozialistische Monatshefte 1931/1, S. 30.

[42] Vgl. die Darstellung bei Scheidemann, P., Memoiren eines Sozialdemokraten, Bd. 2, Dresden 1928, S. 360.

[43] Bundesarchiv (Hrsg.), Deutsches Reich: Weimarer Republik (1918 – 1933), Reichstagsprotokolle. Protokoll der Nationalversammlung, 44. Sitzung, 2. Juli 1919, 1224 C, in: Reichstagsprotokolle, 2/1919-20; http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_wv_bsb00000023_00607.html.

[44] Die Berichte Eduard Davids als Reichsvertreter in Hessen 1921 – 1927, bearb. von Friedrich P. Kahlenberg, Wiesbaden 1970

[45] David, E., Die Befriedung Europas, Berlin 1926. Vgl. Kriegstagebuch S. XXXIV.

[46] Zit. nach Kriegstagebuch, S. XXXIII, Fußnote 5.

[47] Bernstein, E., Eduard David zum Gedächtnis, in: Sozialistische Monatshefte 1/1931, S. 30.

[48] Hildenbrand, K., Eduard David, in: Sozialistische Monatshefte 73 (1931/1); S. 30.

[49] Ritter, G. A., „David, Eduard Heinrich Rudolph“, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 3, Berlin 1957, S. 535.

[50] Daubertshäuser, Klaus, Ein Vorkämpfer für die Volkspartei SPD. Zum 50. Todestag von Dr. Eduard David am 24. Dezember, in: Sozialdemokratischer Pressedienst 35 (1980), Nr. 247 (29. 12. 1980), S. 7 – 8.