Zweites Symposium der Marburger Liberalen Burschenschaften am 2. Oktober 2011
Vertreter des Lassalle-Kreises referiert zum Thema Freiheit
Anlässlich des Tages der deutschen Einheit fand am 2. Oktober 2011 in der ehrwürdigen Universitätsstadt Marburg das zweite Symposium der Marburger Liberalen Burschenschaften zum Thema (Meinungs-)Freiheit statt. Im Gründungsmanifest von 2010 heißt es: „Die burschenschaftliche Bewegung steht seit ihrer Entstehung für den rechtsstaatlichen Verfassungsstaat, für bürgerliche Freiheitsrechte und ehrhaftes, wertorientiertes Verhalten in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Freiheitlich gesinnte Burschenschafter treten heute vor diesem zeitlos gültigen Vermächtnis ohne rückwärtsgewandten Chauvinismus für ein deutsches Vaterland in einem einigen und freien Europa ein.“
Auf dem Podium saß auch ein Vertreter des Lassalle-Kreises: Bereits zu Beginn seines Impulsreferates wies er darauf hin, dass für die Demokratie gerade eine Vielfalt an Meinungen, Interessen und Anschauungen charakteristisch sei. Studentenverbindungen seien daher auch kein Relikt aus „vordemokratischen“ Zeiten, sondern ein Zeichen für das Funktionieren des demokratischen Verfassungsstaates.
Wer jedoch durch die Altstadt von Marburg läuft, gewinnt einen anderen Eindruck: Hier herrscht für studentische Verbindungen ein raues Klima. An vielen Stellen suggerieren Plakate, Aufkleber oder Flyer, dass diese nicht mehr in die heutige demokratische Landschaft passten. Eigene Erfahrungen mit Studentenverbindungen haben allerdings die wenigsten, ist doch nur noch eine Minderheit der heutigen Studierenden korporiert.
Und genau dies ist oft das Problem: Denn nur im direkten Kontakt können Vorurteile abgebaut und kann verdeutlicht werden, was Studentenverbindungen leisten – für die Einzelnen wie für die Gesellschaft: Studentische Korporationen bieten Orientierung und vermitteln Freundschaften, die ein Leben lang halten. Und sie tragen viel zum Erhalt unseres demokratischen Wertefundaments bei: Denn ein Studium sollte mehr sein als die Anhäufung von Wissen. Aus dem Gelernten soll eine akademische Haltung werden, der Student soll lernen, sein Wissen verantwortlich und gemeinwohlförderlich einzusetzen.
Sich in die vier Wände des eigenen Verbindungshauses zurückzuziehen, ist jedenfalls der falsche Weg. Mehrfach wurde dieser Satz auf der Veranstaltung wiederholt. Nur wer sich der Diskussion stellt, wird auch gehört. Sowohl vom Podium als auch vom Publikum wurde gefordert, dass Studentenverbindungen sich wieder aktiver an gesellschaftlichen und hochschulpolitischen Debatten beteiligen sollten. Beispielhaft wurde auf den Schwarzburgbund, einen Zusammenschluss christlicher Studentenverbindungen verwiesen, der seit neuestem wieder einen hochschulpolitischen Sprecher gewählt habe.
Gerade die Burschenschaften waren entscheidende Vorkämpfer für die akademische Freiheit. Ohne ihr mutiges politisches Auftreten im neunzehnten Jahrhundert wäre unser heutiger Rechts- und Verfassungsstaat, wären aber auch unsere heutigen Universitäten mit ihrer grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre nicht denkbar. Und so sollten die Verbindungen auch heute jungen Studenten deutlich machen, dass sie in den aktuellen hochschulpolitischen Debatten weiterhin etwas zu sagen haben. Denn auch heute ist die akademische Freiheit bedroht, beispielsweise durch eine zunehmende Verschulung des Studiums oder Ökonomisierung der Bildung.
Ein Redner aus dem Publikum wies darauf hin, dass es gerade die langen Gespräche mit Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen und die kontroversen Debatten auf dem Verbindungshaus gewesen seien, die ihn das ganze Leben geprägt haben und durch die er viel gelernt habe. Solche Erfahrungen seien auch heute wichtig: Denn nur wer gelernt hat, sich mit anderen fair und sachlich zu streiten, wird andere Positionen aushalten können. Nur wer gelernt hat, sich mit anderen Positionen auseinander zu setzen, wird sich ein eigenständiges und begründetes Urteil bilden können. Und nur wer gelernt hat, zu seiner eigenen Meinung zu stehen und diese zu vertreten, wird seine Verantwortung in Beruf und Gesellschaft selbstbewusst wahrnehmen können.
Weitere Vertreter auf dem Podium waren der hochschulpolitische Sprecher der hessischen F.D.P.-Fraktion und der Leiter der Zukunftskommission der Neuen Deutschen Burschenschaft. Alle drei Referenten machten deutlich, dass Freiheit immer wieder neu errungen und mit Leben gefüllt werden müsse. Dies gelte für den Abgeordneten im Parlament genauso wie für Studentenverbindungen oder die Gesellschaft. Gerade die Erfahrung der friedlichen Revolution 1989/90 mahne dazu, die Freiheit zu verteidigen – auch gegen ein Klima politischer Korrektheit. Dieses ersticke auf Dauer gesellschaftlichen Pluralismus und laufe auf gesellschaftliche Uniformierung hinaus. Nicht zuletzt die Universität ist auf Freiheit und den fairen Wettstreit unterschiedlicher Positionen angewiesen. Ohne akademische Freiheit wäre auf Dauer auch kein wissenschaftlicher Fortschritt denkbar.
Studentenverbindungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag dafür, dass ein Klima freier akademischer Auseinandersetzung erhalten bleibt. Und dafür sollten sie auch aktiv nach außen hin eintreten. Entsprechende Aufrufe seitens des Podiums wurden vom Publikum mit lautstarkem Beifall bedacht. Dass die Veranstaltung von einem Kamerateam des Hessischen Rundfunks begleitet wurde, war schon der erste Schritt, wieder stärker an die Öffentlichkeit zu gehen.
(abk)